Kondensatoren restaurieren, Bericht über eine moderne Variante
Dazu gibt es schon viele Hinweise und Praktiken, die dem Radio Restaurator als Hilfe angeboten werden. Hat man die Fragen durchgequält - soll man das Sammlerstück technisch so restaurieren, dass es auch sicher funktioniert, so steht das Restaurieren an.
Dauernd in Betrieb ist das gute Stück wahrscheinlich nie. Ich vergleiche es gerne mit einer alten Uhr. Die zeigt man im besten Fall, dass sie läuft, dauernd benutzen – nein kommt nicht in Frage – nutzt sich ja ab – könnte ja auch kaputtgehen und dann?
So ist es halt auch mit den Radios. Man genießt nach getaner Restauration die Einschaltphase, ist zufrieden wenn man erfolgreich die Funktion wiederhergestellt hat und protokolliert dass wieder eine neue Radioseele gerettet ist.
So mancher Reststrom wärmt das Gerät mit bis man einmal das Ende eines Kondensators live erlebt hat. Eine Rauchwolke, eventuell eine kleine Explosion begleiten den Vorgang.
Damit das nicht passiert, wird man irgendwann zu dem Entschluss kommen, dass man alte Kondensatoren aus technischer Hinsicht wegen zu hohem Leckstrom oder veränderter Kapazität austauschen muss. Zum Thema Leckstrom stelle ich zum Schluss dieses Berichts noch eine Praxis mit einer Glimmlampe vor.
So schaut man sich nach den Methoden um. Da finden sich viele Hinweise. Ich biete da eine moderne
Variante zum Besten:
Bei Elektrolytkondensatoren, die in Metallbechern sitzen, bietet sich an, diese Röhren zu öffnen. Beim zylindrischen Metallbecher kann mit einem Rohrschneider aus dem Baumarkt eine Rille schneiden und den Becher bequem abziehen. Bei Elkos mit Einzugsrille lässt sich die Schneidrille in die Bördelrille legen. Der Zusammenbau ist dann etwas aufwendiger, dafür ist die Naht kaum sichtbar. Der neue Elko kommt in dann den alten Metallzylinder. Sind die Anschlüsse gesichert – ich meine die Drähte dürfen ja die Metallwand nicht berühren – der Minuspol wird als Draht nach außen gezogen - schiebt man die Schneidkanten eng aneinander und zieht dann einen ca. 2 cm breiten klaren dem Durchmesser angepaßten Schrumpfschlauch darüber.
So hat der „neue“ Elko nach dem Wärmeschrumpfen eine klarsichtige Banderole, sieht aber im Wesentlichen alt und antik aus. Das „Erden“ des Metallzylinders ist dann nicht mehr so wichtig.
Bei den Gruppen-Kondensatoren z.B. im VE301 lassen sich die Metallgehäuse an den Metalllaschen öffnen und die sterblichen Überreste daraus herausziehen. Moderne Elkos sind wesentlich kleiner und passen in die alten Gehäuse gut hinein.
Weitere Hinweise finden Sie im Buch „Radios von gestern“ von Herrn Ernst Erb auf den Seiten 377 und ff.
Nun kommt das Thema Teerkochen – viele antike Kondensatoren sind gewickelt und haben als Abschluss einen „Teerpropfen“.
Über das Thema Teerkochen bin ich bei dem Mikrowellenherd aus der Küche gelandet. Zunächst erscheint dieser Gedanke sehr verwegen, aber die Erfahrung spricht mit Überzeugung für sich selbst.
Meist hat man einige Exemplare 5-20 Stück gleichzeitig und muss schon eine etwas schnellere Methode anwenden, wenn man nicht stundenlang Kondensatoren im Wasser oder Pfanne kochen möchte.
Die alte Hülle soll möglichst unverletzt sein und vor allem die Aufschrift soll nicht darunter leiden.
Die Beschriftung ist bei warmem Wasser angelöst und spätestens beim Abwischen ist dann das Unglück schon geschehen. Das wird vermieden durch die Methode mit der Mikrowelle. Schauen wir hier in den Bildern zu:Man nehme einen 600 W Mikrowellenherd
platziere alle Kondensatoren der Reihe nach auf eine Holzleiste als eine Schräge
Oben im Bild bestückt mit einem Kondensator und hier liegen 5 Kondensatoren in der Microsauna
Leuchten nur noch Bruchteile der Glimmlampen-Segmente, so fließen nur µA. Ist die Glimmlampe nur kurz an und wird danach dunkel, so hat man einen perfekt guten Kondensator vor sich. Einen Formierungsvorgang lässt sich so auch beobachten. Verschwindet die Helligkeit nach einiger Zeit vollkommen, so ist der Prüfling okay.
Zur Demo zeige ich im oberen rechten Bild beim defekten Kondensator mit dem Fluke 72 als Strommesser geschaltet. Das Fluke zeigt 0 an, aber die Glimmlampe funkelt noch.
Ganz ernst, gute Kondensatoren haben keinen Restrom, also auch dunkle Glimmlampen als Testergebnis. Die Glimmlampe ist eine nützliche schnelle und sichere Warnung und Einschätzung des Sachverhalts.
Jeder hat seine Methoden, die sich halt nach den Möglichkeiten seiner Ausrüstung gestaltet, das ist hier eine Möglichkeit mit einfachen Mitteln.
Restströme sind für die Funktion des Radios nicht förderlich. Besonders die Kandidaten, die nicht in der Netzsiebung verwendet sind, sondern im Hf- und NF Teil verwendet sind, sind oftmals nicht mehr brauchbar und stören die Funktion des Radios erheblich.
Die Reststrommessung ersetzt die Prüfung auf den realen Kapazitätswert nicht. Da braucht man eine weitere Messmöglichkeit,
z.B. Philoscope GM 4144 (linkes Bild)
oder als Handinstrument z.B: das DS-568F (rechtes Bild).
Das gefüllte Wasserglas ist eine gewollte normale Last für die Mikrowellenröhre, die Metalleinlagen
strapazieren die Funktion etwas. Das Metall in dem Kondensator sorgt für eine gute lokale Wärme. Bei 600W und 3-4 min tropft der „Teer“ davon und die Metalleinlage ist inzwischen warm genug. Die Aushülle hält man zur Sicherheit mit einem Gartenhandschuh fest und zieht an dem Anschlussdraht. Man merkt sofort ob der Inhalt sich aus dem Gehäuse schieben lässt. Ist es noch zu fest, so braucht man noch einmal ca. 1min. Dann sollte es ohne Probleme klappen. Halten Sie einen Holzstab im Durchmesser des Kondensators bereit, falls der Anschlussdraht brechen sollte. Dann schiebt man
mit dem Holzstössel den „warmen“ Kondensator hinaus. Die Aussenhüllen reinigt man am besten gleich mit einem sauberen Tuch, dann glänzen die warmen Hüllen mit unzerstörter Schrift. Je nach Größe kann man bis 10 Stück in einem Durchgang ohne Stress bearbeiten.
Noch ein paar Tipps zur Mikrowelle:
Legt auf die Glasplatte ein Fliespapier, damit der Teer sich ausbreiten kann. Aus Sicherheitsgründen soll man beobachten; denn wenn sich ein Teerkrümel selbstständig macht, so kann es wegen der zu großen lokalen Hitze zu einem kurzen Aufflammen von 1-2s kommen. Es ist völlig ungefährlich und es kommt sehr selten vor. Verwenden Sie deshalb vorsorglich als Unterlage eine nicht leicht entflammbare Unterlage – dicke Küchenrolle, Taschentücher, Toilettenpapier oder am besten etwas kartonmässiges.
Zusatz vom 1.12.2010:
Wer Hilfe benötigt, kann sich bei mir melden. Restauriere bei Bedarf auch Ihre Kondensatoren.
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.