In "Pitsch, H.: Lehrbuch der Funkempfangstechnik, insbesondere der Rundfunksempfangtechnik, 4. A. AVG, Leipzig, 1963" findet sich in Band 1 ein Kapitel über "direkt gekoppelte Verstärker", wobei auch auf den Loftin-White Verstärker eingegangen wird.
(Der Text ist unterschiedlich zu "Loftin-White-Amplifier".)
§ 273. Der direkt gekoppelte Verstärker (Gleichstromverstärker)
Beider ältesten Art der Widerstandskopplung ist der Verbindungspunkt von Anode und Anodenwiderstand ohne Kondensator an das Gitter der zweiten Röhre geschaltet. Um zu verhindern, daß die hohe Spannung zwischen Anode und Kathode als positive Vorspannung am Gitter der zweiten Röhre wirksam ist, legt man bei der einfachsten Schaltung zwischen die Anode der ersten und das Gitter der zweiten Röhre eine Batterie (negativer Pol am Gitter), welche die hohe Spannung kompensiert (Kompensationsbatterie). Mit einer derartigen direkten (galvanischen) Kopplung lassen sich sogar langsame Gleichspannungs- oder Gleichstromänderungen, also sehr niedrige Frequenzen, noch verstärken (Gleichstromverstärker). Im allgemeinen kommt man jedoch in Empfängern mit dem Frequenzbereich eines Verstärkers mit Widerstands-Kapazitäts-Kopplung, deren Kopplungskapazität genügend groß ist, gut aus. Die direkte Kopplung ist daher wohl nur aus Patentgründen [776: L.N. Brillouin; G.A. Beauvais, Franz. Pat. 493332 = DRP 458476 (1916), 777: W. Schottky (SSW), DRP 305535 = USA Pat. 1492752 (1916) u. Zus. 353374. S.a. DRP 387059 (Tonfilm)] angewendet worden. Man findet sie sogar in den größten Geräten mit Tieftonlautsprecher nicht mehr. Sie hat nur für Spezialzwecke, z. B. Röhrenvoltmeter, Bedeutung.
Da die Kompensationsbatterie als unangenehm empfunden wurde, hat man Schaltungen entwickelt, bei denen von der Anodenbatterie getrennte Batterien vermieden sind [798: E. Schramm, Frequenzunabhängige Verstärkung. Funk-B-. 1930, 505 u. 762]. Solche Schaltungen wurden bei der selbsttätigen Schwundregelung mit Anodengleichrichter angewendet, da auch dort die Aufgabe vorliegt, eine Gleichspannungsänderung, nämlich die Regelspannung, von einem Punkt positiven Potentials auf einen Punkt negativen Potentials zu bringen (Bd. 2, Abb. 585).
Eine Schaltung nach SMITH ist in Abb. 447 dargestellt, in welcher ein Spannungsteiler W1, W2, und eine Hilfsspannung + G - G verwendet ist [799: S.B. Smith, brit. Pat. 258315 (1915), 800: J.C. Mardsen, Proportionalitätsverstärker nach dem Spannungsteilerprinzip Z. Phys. 101 (1936) 68 u. 102 (1936) 700. Lit.]. Das Verhältnis der Widerstände W1 und W2 wird so bemessen, daß der Punkt 2 eine negative Spannung gegen die Nulleitung -A führt. Wenn die Hilfsspannung + G - G sehr groß ist und daher W2 entsprechend groß gegen W1 bemessen werden kann, macht der Punkt 2 die Spannungsschwankungen des Punktes 1 fast ganz, nämlich im Verhältnis W2 / (W1 + W2) mit.
Mit der Anwendung des Netzanschlusses auf den direkt gekoppelten Verstärker und seine Stabilisierung haben sich LOFTIN und WHITE befaßt [801: S.Y. White, brit. Pat. 258315 (1915), 802: E.H. Loftin, S.Y. White, Direct coupled detector and amplifiers with automatic grid bias. ProcIRE 1928, 281. - Cascaded direct-coupled tube systems operated from alternating current. Proc. IRE 1930, 669. - Praktische Ausführung siehe Radio News 11 (129/30) 600 u. 704 u. 800 u. 890 u. 998 u. 1104 (Gegentakt) u. 12 (1930/31) 34, ferner Funk-B. 1931, 531 u. 573 u. 1932, 391 u. 789 (Gegentakt) u. 1933, 96]. Daher bezeichnet man den an sich viel älteren direkt gekoppelten Verstärker häufig als LOFTIN-WHITE-Verstärker. Ein Schaltbeispiel ist in Abb. 448 gezeigt.
An der Anodenspannungsquelle - A + A liegt ein Spannungsteiler R1, R2,R3, R4, der die Kathode der Röhre II auf ein so hohes positives Potential anhebt, daß am Gitter dieser Röhre die richtige negative Vorspannung auftritt [797: Marconi Comp., DRP 339412 (1917)]. Die Spannungsverhältnisse lassen sich besser übersehen, wenn man die Abb. 448 in die Abb. 449 umzeichnet (siehe hierzu § 2).
Die Schwierigkeit bei einem direkt gekoppelten Verstärker besteht darin, daß bei einer geringen Änderung der Gittervorspannung der ersten Röhre eine um den Verstärkungsfaktor dieser Röhre größere Gittervorspannungsverlagerung der zweiten Röhre stattfindet. Daher haben LOFTIN und WHITE eine Stabilisierung eingeführt, welche auf der stabilisierenden Wirkung eines Kathodenwiderstandes RKberuht. Eine Erhöhung des Anodenstromes, z. B. infolge Anodengleichrichtung, ruft nämlich eine größere negative Gittervorspannung am Kathodenwiderstand hervor, welche der Anodenstromänderung entgegenwirkt [801, 802] (Bd. II, § 326). Diese stabilisierende Wirkung ist um so größer, je größer der Kathodenwiderstand ist. Da dann jedoch die Gittervorspannung zu groß ist, wird eine an R1 in Abb. 448 u. 449 abgegriffene positive Spannung gegengeschaltet. Damit die Stabilisierung nicht auch die zu verstärkenden Frequenzen schwächt, muß ein genügend großer Kondensator C1 vorgesehen werden. Über den Kondensator C2 wird eine Wechselspannung zur Brummkompensation (Bd. II, § 445) geführt.
Eine Schaltung, bei der die Kathode der zweiten Röhre durch Verwendung eines großen Kathodenwiderstandes die richtige Spannung erhält, ist in Abb. 450 dargestellt [805: Hagenuk-Empf. Nordmark 127W (1936/37) S. a. G. Struth, Funk 139, 149; ferner Funkschau 1953, 402; 806: W.A. Chambers, brit Pat 330956 (129).; 807: L.v. Kramolin, DRP 622693 (1929) u. Zus. 643767]. Die Feldspule des Lautsprechers wird zu,gleich zum Anheben der Kathode der zweiten Röhre und zur Siebung des Anodenstromes dieser Röhre ausgenutzt. Das Glied R, C dient zur Siebung des Anodenstromes der ersten Röhre. Eine Stabilisierung tritt dadurch auf, daß das Schirmgitter der ersten Röhre an die Kathode der zweiten Röhre geschaltet ist [805]. Anodenspannungsschwankungen der ersten Röhre werden deshalb durch eine Gegenregelung am Schirmgitter geschwächt.
VOLKERS [817: W.K. Volkers, Direct-coupled amplifier starvation circuits. Electronics, März 1951, 126 – 129 (Funktechnik 1951, 350), -, USA Pat. 2538487 (1946) u. 2538488 (1947) S.a. Elektronik 1955, 99 und Funktechnik 1955, 109] empfiehlt, nach Abb. 450a die Schirmgitterspannung der ersten Röhre ohne zusätzliche Siebmittel von dem normalen kapazitiv überbrückten Kathodenwiderstand der Endröhre abzunehmen.
Verwendet man für die erste Röhre bei hoher Betriebsspannung (350 V) einen sehr großen Anodenwiderstand (15 MΩ), so kommt man entsprechend der dadurch niedrigen wirksamen Anodenspannung (35 V) mit einer niedrigen Schirmgitterspannung (18 V) aus und erzielt bei "stromarmem"
[starved] Betrieb sogar eine höhere Verstärkung (Frequenzbereich aber nur bis 1000 Hz). Zur Vermeidung einer zusätzlichen Gleichstromgegenkopplung soll die Gittervorspannung der ersten Röhre entweder durch Anschluß der Kathode an einen Spannungsteiler oder durch den Anlaufstrom mit Gitterableitwiderstand erzeugt werden [817].
Bei der Ausführung eines Gleichstromverstärkers als Gegentaktverstärker fallen Betriebsspannungsschwankungen heraus [804: J.O. Nielsen, Methode zur Verbesserung der Nullpunktstabilität von mehrstufigen Gegentakt-Gleichstromverstärkern. C. Phys. 107 (1937) 192; 808: F. Kerkhof, Gegentaktschalt. d. Gleichspannungsverstärk. Z. Phys. 119 (1942) 43; 809: J. Schnitlmeister, Die Elektronenröhre als physikalisches Meßgerät, Wien 1942].
Man kann eine zweistufige Gleichspannungsverstärkung in einer einzigen Röhre durch Verwendung des ersten Schirmgitters einer Hexode als erste Anode durchführen [817a: H. Boucke, Neuartige Schaltung einer Mehrgitterröhre zur Gleichstromverstärkung, FTM 1938, 321 – 325 und Funk 1939, 40 – 44.],
Bei einer Abart der direkten Kopplung nach PAULI wird der Kondensator der Widerstands-Kapazitäts-Kopplung durch eine Glimmlampe ersetzt [809, 810: H. Pauli (S&H) DRP 647816 (1930); 811: H. Peek, Neuer Gleich- und Wechselstromverstärker. Arch. El. 1932, 443. S.a. Bastelbr. 1932, 405 u. Funk-B. 1933, 645]. Man nutzt dabei ihre Eigenschaft aus, bei großem Gleichstromwiderstand nur einen geringen Wechselstromwiderstand zu besitzen. Dem Gitterableitwiderstand muß zum Ausgleich der durch den Glimmlampenstrom am Gitterableitwiderstand verursachten positiven Spannung eine entsprechend größere negative Gittervorspannung (z. B. 40 V statt 15 V) zugeführt werden.
Um die bei der Gleichstromverstärkung z. B. für Meßzwecke auftretenden Schwierigkeiten zu vermeiden, ist auch vorgeschlagen worden, mit dem schwankenden Gleichstrom einen Wechselstrom zu modulieren (z. B. mit einer Diode [812a]), den modulierten Wechselstrom zu verstärken und dann gleichzurichten [808, 812 - 816].
Die von Loftin und White eingeführte "Stabilisierung" ist eine Regelkreisstruktur, wie es sich am Schaltbild 450 veranschaulichen läßt.
Eingezeichnet sind der Vorwärts-Weg und der Schleifen-Weg dieser Regelung. Im Rückführ-Teil des Schleifen-Weges ist ein Tiefpaß-Filter (1μF, 800kΩ, 1μF), so daß nur Gleichgrößen und tiefe Frequenzen gegengekoppelt werden, während sich im Vorwärts-Weg keine (expliziten) Tiefpaßfilter befinden. Der Vorwärts-Weg entspricht dem Signal-Weg für den Empfänger, wo keine Frequenzbeschneidung erwünscht ist. Der Tiefpaß in der Rückführung sorgt dafür, daß nur der Gleichanteil konstant gehalten wird (und ganz tiefe Frequenzen unterdrückt werden). Damit wird der Arbeitspunkt der Schaltung stabilisiert.
Allgemein gilt für die Übertragungsfunktion H(ω) einer solchen Regelkreisstruktur:
H(ω) = Hv(ω)/(1 + Hs(ω))
Hv(ω) : Übertragungsfunktion des Vorwärts-Weges
Hs(ω): Übertragungsfunktion des Schleifen-Weges
Die Störungen an der Kathode der Lautsprecherröhre werden gemäß dem Faktor 1/(1 + Hs(ω)) unterdrückt.
MfG DR
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