Amateurfunkbetrieb mit dem GRC-9

ID: 126181
Amateurfunkbetrieb mit dem GRC-9 
19.Nov.06 22:30
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Eilert Menke (D)
Moderator
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Funkbetrieb mit dem GRC-9

Bereits seit langer Zeit wollte ich Amateurfunkbetrieb mit meinem GRC-9 ausprobieren, bin allerdings aus Zeit- und Motivationsmangel bisher nicht dazu gekommen. Anläßlich der heutigen HOT-Party („HOT“ = Homebrew and Oldtime-Equipment (Telegraphie-Amateurfunkwettbewerb für Geräte, die älter als 30 Jahre und/oder Eigenbauten sind)) habe ich das Vorhaben nun endlich umgesetzt.

Das GRC-9 ist ein röhrenbestückter KW-Sendeempfänger amerikanischer Herkunft für Mobil- oder Portabelbetrieb zwischen 2,0 bis 12 MHz in drei Bereichen. Die Sendeleistung beträgt maximal 15 Watt HF, ist allerdings reduzierbar. Das Gerät ermöglicht Amplitudenmodulation und Telegraphie (moduliert/unmoduliert). Es ist der unmittelbare Nachfahre des WW2-Veteranen BC-1306 und war ab Anfang der 1950er bis Ende der 1960er Jahre in vielen NATO-Armeen im Einsatz. In der Bundeswehr gehörte es zur Heeres-Erstausstattung. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß viele Gerätesätze auch in Lizenz, u.a. von Telefunken, gebaut wurden.

Ich wollte das Gerät unter möglichst realen, bestimmungsgemäßen „Feld“-Bedingungen testen. Deshalb habe ich der Versuchung widerstehen müssen, es in meiner bequemen, gut beheizten Funkstation im Hause an der vorhandenen Stationsantenne und mittels Netzteil an der Steckdosen-Stromversorgung zu betreiben.

Also blieb kein anderer Weg, ich mußte - trotz des feuchtkalten, unwirtlichen ostfriesischen Herbstwetters - hinaus in den Garten!

Der Sendeempfänger erhielt seine Versorgungsspannungen aus der für Mobilbetrieb vorgesehenen Umformereinheit DY-88, da ich meine Freundin leider nicht dazu bewegen konnte, ca. drei Stunden ununterbrochen den zugehörigen Handgenerator GN-58-A anzutreiben. Eine 12V/66Ah-Autobatterie diente der Speisung des Umformers:



Als Antenne mußten ca. 10 Meter isolierter Schaltlitze, über einen Baum geworfen, ausreichen. Das Gegengewicht wurde durch den Rahmen eines zufällig in der Nähe stehenden Fahrrades gebildet. Überraschenderweise ließ sich dieser Behelf gut anpassen. Da das Gerät kein Transceiver ist, sind Sender und Empfänger separat abzustimmen, was dank der Sendefrequenztabelle und des „Einpfeifschalters“ am Empfänger allerdings keine Schwierigkeiten bereitet.

Im ersten Teil der HOT-Party gelangen im 40-Meter-Band sieben Verbindungen. Zwei davon nach Tschechien (OK1KZ, OK1HCG) und eine in das Gebiet um Kaliningrad/Königsberg (UA2FL), immerhin über 1000 km entfernt. Und das bei guten Signalrapporten! Als nachteilig erwies sich allerdings die große ZF-Bandbreite des GRC-9-Empfängers. Da hauptsächlich für AM-Betrieb dimensioniert, hörte ich im dicht belegten 40m-CW-Segment mitunter über sechs Stationen in verschiedenen Tonlagen gleichzeitig rufen, so daß die Aufnahme zeitweise recht schwierig war.

Nach zwei Stunden ging es planmäßig im 80-Meter-Band weiter. Auch dort gelang es mir unter anderem, in Kaliningrad problemlos Gehör zu verschaffen. Da in diesem Band der Telegrafiebereich nicht so schmal und überbelegt ist, machte sich die große ZF-Bandbreite des Empfängers in keiner Weise störend bemerkbar.

Zwischendurch hatte ich auch noch ein längeres, entspanntes QSO (Funkkontakt) mit einer Station aus Heidelberg, die nicht am Wettbewerb teilnahm (Gregor, DF2IC). Auch hier gab es überraschend gute Rapporte.

Nach ca. zweieinhalb Stunden Funkbetrieb bei ca. 5 Grad C. waren meine Finger allerdings derart klamm und unbeweglich, daß ich mit der J-37 Kniebügel-Morsetaste nicht mehr fehlerfrei geben konnte. Daher entschloß ich mich, vorzeitig QRT (Betriebsschluß) zu machen, zumal auch die Kapazität der Autobatterie ihrem Ende entgegen ging.

Bei einer Tasse Tee im Hause vor dem wärmenden Kamin konnte ich mich aklimatisieren und ein Resumee über die Aktivität ziehen: Es funktionierte weitaus besser als ich erwartete und hat sehr viel Freude bereitet. Der nächste Sommer ist gewiß und ergo werde ich dann öfter mit dem Gerät Funkbetrieb abwickeln. Möge es mir der ein oder andere Funkamateur gleichtun und sein GRC-9 aus dem Dornröschenschlaf erwecken. Es lohnt sich, mit diesem nicht alltäglichen Amateurfunkgerät QRV zu sein, insbesondere sicherlich auch zu Feldtagsaktivitäten!

73 de DL9BDM

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Antennenanpassung 
20.Nov.06 07:40

Georg Beckmann (D)
Redakteur
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Georg Beckmann

Hallo Herr Menke,

ein schöner Bericht, das Lesen hat Spass gemacht.

Mich würde interessieren, wie so eine Behelfsantenne angepasst wird. Verfügt dieses Gerät über eine einstellbare Collins - Filtereinheit oder wie geht das sonst ?

 

Gruß

 

Georg Beckmann

 

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Antennenabstimmung beim GRC-9 
20.Nov.06 13:48

Eilert Menke (D)
Moderator
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Hallo Herr Beckmann,

vielen Dank für die Blumen. Im Gerät ist in der Tat eine universelle Antennenabstimmung eingebaut. Dies ist auch wegen des flexiblen Anforderungsprofils im militärischen Einsatz unerläßlich.

 

Auf dem Bild links außen sind die Klemmen, sowohl für eine Draht-, Stab- und Dipolantenne, zu erkennen. Daneben befindet sich der Umschalter der Ladespule für die jeweilige Antennenart. Ganz rechts sehen Sie den Drehknopf für die Antennenfeinabstimmung. Sie wird durch eine doppelte Permeabilitätsabstimmung realisiert. Besonders gut ist diese Konstruktion auf dem beim Modell hinterlegten Bild Nr. 121622 vom Kollegen Sneyers zu erkennen. Der zugehörige Planausschnitt hat die Nr. 121290. Die Erdungsklemme befindet sich am Empfängermodul.

In der Mitte, oberhalb der Sendefrequenztabelle (der Sender hat keine in kHz/MHz geeichte Skala, sondern eine Mikrometereinstellung), befindet sich die Glimmlampe, die auf maximales Licht einzustellen ist. In meinem Gerät fehlt sie allerdings (105 - 125 Volt, Sockel BA15; wer hat eine für mich übrig?). Deshalb habe ich mir mit einem Feldstärkemeßgerät geholfen. Im amerikanischen Truppeneinsatz nahm man dafür das ME-61/GRC. Leider besitze ich es nicht. In der Bundeswehr war es meines Wissens auch nicht eingeführt.

Das Gerätehandbuch gibt weiterführende Informationen zu den verschiedenen Antennenformen und deren zweckmäßige Verwendung.

Zum Schluß noch einige generelle Hinweise:

Die Endstufenröhre des Senders unterliegt aufgrund des rauhen Betriebes durch ständiges Schalten der Heizung einem hohen Verschleiß. Sollte das Gerät also keine oder wenig HF liefern, prüfe man zunächst die Emission der 2E22.

Falls sich die NF des Empfängers verzerrt anhört, ist mit großer Wahrscheinlichkeit die 4,5 Volt BIAS-Batterie defekt. Sie ist auf dem Empfänger-Chassis zwischen den Röhren zu finden. Bei älteren Geräten ist sie oft eingelötet, ansonsten steckbar. Der findige Bastler wird sich sicher einen geeigneten Ersatz konstruieren. Achtung, Plus liegt am Chassis!

Nach gut fünfzig Jahren sind die Verbindungskabel zwischen Gerät und Umformer bzw. das Batteriekabel zum DY-88 häufig defekt, da die Gummiisolation nicht alterungsbeständig ist und daher ihre Flexibilität verliert und zerbricht. Oft knirscht es bereits beim Bewegen der Kabel. Prüfen Sie deshalb vor Inbetriebnahme die Qualität ihrer Leitungen!

Daß der Umformer nach langer Standzeit vor Inbetriebnahme auf Leichtgängigkeit zu prüfen ist, bedarf sicher keiner weiteren Erklärung. Ist er es nicht, kommt nur ein Austausch des Schmiermittels in Frage. Da das eine sehr aufwendige Aktion ist, sollte man dabei das Handbuch zu Rate ziehen. Auch die Kollektorbürsten wollen regelmäßig kontrolliert werden.

Übrigens ist das R-104 das osteuropäische Gegenstück zum GRC-9.

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