Mittelwellensender Weida und RIAS Störsender Weida

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Mittelwellensender Weida und RIAS Störsender Weida 
12.Aug.23 10:24
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Herzlich Willkommen in der Wiege des Vogtlandes, in der Osterburgstadt Weida. Rechts im Bild sehen Sie das Maskottchen Türmi, es wirbt für den Besuch der Stadt. Nicht nur die Osterburg ist ein attraktives Ziel, es gibt weitere Sehenswürdigkeiten.

Das Wappen aus dem frühen Mittelalter, was die Befestigunganlagen; die rote Stadtmauer mit offenem Rundbogentor und einen aus der Mauer wachsenden Weidentrieb mit fünfzehn Blättern zeigt, wurde 1949 als Stadtwappen übernommen.

Der Ort Weida liegt in Thüringen und ist über die B92 und B175 gut zu erreichen.

Danke an die Stadtverwaltung für die Bereitstellung vorstehender Fotos

Mein Ziel ist der Standort der historischen Senderanlage am Cronschwitzer Weg in Weida 

Genehmigung zur Veröffentlichung des Luftbildes vom TLBG Erfurt liegt vor

Herr Dieter Hauer hat mir seine Erinnerungen zum Sender übergeben. Diese hat er 1999 geschrieben, veröffentlicht wurde es im "Weidaer Wochenblatt "vom 7.Juni 2014. 

Hier ist seine Geschichte schwarzer Text

Die Sendeanlagen für den Rundfunk gehörten zur Deutschen Post  (DDR)

Schon seit 1954/55 bedeckten weitere Antennenanlagen des Funkamtes Leipzig in der Funkbetriebsstelle Weida ein Gelände auf dem Schreberberg , Teil des Tilgenberges am Cronschwitzer Weg.

Foto Heidenreich. Vielen Dank.

Nötig waren diese Anlagen, um dem Empfang eines DDR Senders auf Mittelwelle mit den damals noch weit verbreiteten unzulänglichen Rundfunkgeräten wie "Volksempfänger" in der Hügellandschaft Raum Gera- Weida zu garantieren.

Zunächst kam eine mobile Sendeanlage, TYP SM5 von Lorenz Leipzig, die bereits auf dem Inselsberg  im Betrieb war und dann nach Lübben umgesetzt wurde, wo sie allerdings nicht zum Einsatz kam. Nun wurde sie also in  Weida eingesetzt.

Zum anderen musste dem Eindringen starker westlicher Sender Einhalt geboten werden. Es herrschte "kalter Krieg", der sich über alle Medien und besonders im Äther abspielte.

Funkmedien hatten als wichtige Angriffspunkte möglicher Sabotageakte besonderen Schutz nötig. Anfangs waren deshalb diese Sendeanlagen durch die Volkspolizei, im Auftrage und Bezahlung durch die Deutsche Post, gut bewacht. Zu Beginn der 80iger Jahre wurde die Gefahr als niedrig eingeschätzt und die Bewachung aufgehoben.

Vorerst bestand die Anlage aus fahrbaren Sendern. Diese waren in Sendewagen als Haupt- und Reservesender unter einem Zeltdach untergebracht. Schlaf-, Büro- und Frühstückswagen standen daneben.  Unter großer Sommerhitze brannte um 1970/72 der fahrbare Sender auch einmal ab. 

Erst später wurden nach und nach feste Gebäude errichtet.      

Von hier aus wurde das Rundfunkprogramm aus Berlin (Berliner Rundfunk) auf Mittelwelle in den letzten Jahren auf 1431 kHz für Weida , Gera und Umgebung übertragen. In den 70iger Jahren kam noch ein UKW- Sender mit Radio DDR II dazu. Er sendete auf 97,8 MHz.

Das Sendesignal kam vom Funkhaus in Ost Berlin Nalepastraße über Telefonkabel über Halle, Leipzig, Gera nach Weida. Die Sendeanlagen gehörten bis 1982 zum Funkamt Leipzig und dann wurden diese dem Funkamt Erfurt zugeordnet.

Ein Personal von 16 Personen hielt den Schichtbetrieb in 3 Schichten aufrecht. Jeweils zwei davon besetzten die Schichtdienste. Erst in den 60iger Jahren wurden die Anlagen  automatisiert  und konnten von einem kleineren Personalstamm gewartet und kontrolliert werden. 

Durch den  Neuaufbau des Senders Ronneburg in den 90iger Jahren erübrigten sich die Weidaer Sendeanlagen. Das war das AUS für den Sender Weida. Zwischen 1993 und 1995 wurden die alten Sendeanlagen bis auf die Gebäude demontiert.

 

In dem Gelände befand sich jedoch auch ein Störsender welcher den RIAS störte. Der Journalist Herr Dr.Christoph Classen vom Leibniz-Centre for Contemporary History (ZZF) Potsdam hat mir dazu folgendes geschrieben:

Im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde seinerzeit habe mir nur Passagen herausgeschrieben. Die Akte trägt die Signatur DM 3 BRF II 2416.

Der Sender Weida taucht dort 1962 im Zusammenhang mit "Maßnahmen zur Erhöhung der Wirksamkeit der Sonderanlagen" auf, wobei unter "Sonderanlagen" Störsender zu verstehen sind. Nach einem Versuch mit dem Sender Lübben, der offenbar keine zufriedenstellenden Resultate gezeitigt hat, wurde ein weiterer Versuch „unter voller Ausnutzung der technischen Möglichkeiten“ beschlossen. So heißt es im Protokoll 34/62, Sekretariat [Gerhard] Probst vom 3.11.62 über eine Dienstbesprechung beim stellv. Postminister der DDR am 31.10.62: 

 „Dem vorgelegten Bericht über die Versuche mit der Mittelwellenanlage Weida wurde zugestimmt. Min RF [gemeint ist Gerhard Probst (*1.10.1912-21.2.2002), damals für den Bereich Rundfunk und Fernsehen zuständiger stellv. Postminister der DDR] weist jedoch nochmals daraufhin, daß bei weiteren Versuchen dieser Art besondere Vorsichts- und Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten sind und daß vor einer endgültigen Einführung dieses veränderten Sendebetriebes eine Konzeption dem Min RF zur Bestätigung vorzulegen ist. Diese Konzeption muß gleichfalls eine Angabe des ökonomischen Aufwandes enthalten, der durch die neuartige Betriebsführung entsteht."

Im Kontext weiterer Dokumente ist davon auszugehen, dass der in Weida betriebene (stärkere) MW-Störsender Ende 1962 versuchsweise von der Ausstrahlung eines der DDR-Radioprogramme auf der RIAS-Frequenz auf einen gewobbelten Heulton umgestellt werden sollte. Damit konnten Wirkung und Reichweite deutlich vergrößert werden. Ob es dazu tatsächlich gekommen ist, ist unklar. Dauerhaft scheint man aber bei der alten Praxis geblieben zu sein, Unterlagen über die endgültige Umstellung des Sendebetriebs habe ich nicht gefunden. Hintergrund war wahrscheinlich, dass Störsender gegen internationale Vereinbarungen über Frequenzzuteilungen (Kopenhagener Wellenplan) verstießen. Dabei wollte sich die DDR ungern erwischen lassen. Überlagerungen mit eigenen Programmen konnten hingegen nach außen als unvermeidliches Problem der chronisch überlasteten Mittelwelle dargestellt werden. Zudem nahm in dieser Zeit auch schon die Verbreitung über UKW zu, so dass die Störungen auf MW praktisch an Bedeutung verloren. 

Ein direktes Hörverbot für westliche Sender gab es in der DDR übrigens nur für die Angehörigen der "Bewaffneten Organe", also NVA, Grenztruppen etc. Gleichwohl konnte das Hören auch für Normalbürger strafrechtliche Konsequenzen haben, und zwar im Zusammenhang mit sog. "Staatsverbrechen" wie "Staatsfeindlicher Hetze" oder "- Gruppenbildung". D.h., wenn Informationen aus den Westmedien verbreitet wurden oder man sich in Gruppen zum Hören verabredete. Der Normalfall war das aber nicht.

 

Nochmals vielen Dank für diese interessanten Informationen

Weitere interessante Infomationen finden sie unter Plauen und RIAS

Hier noch ein Foto, was mir Herr Heidenreich zur Verfügung stellte, ca 1980 Eingangsbereich.

 

und hier noch ein Blick auf das ehemalige Sendergelände, nun renaturiert im Juli 2023 . selbst die Fundamente wurden zurückgebaut. Hier weiden nun 20 schottische Rinder.  Danke an den Fotografen. 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.