philips: Reparaturhinweise

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ID: 675594
philips: Reparaturhinweise 
28.Nov.24 20:21
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Andreas Steinmetz (D)
Redakteur
Beiträge: 759

Auch nach langer Suche ist es mir bisher leider nicht gelungen, die Serviceunterlagen für dieses interessante Gerät aufzutreiben, und ich bin offensichtlich nicht der Einzige, der danach sucht. Im Netz findet man zwar Bedienungsanleitung, Programmieranleitung und eine Art Serviceanleitung. Letztere zeigt aber nur die Fehlersuche mittels Signaturanalyse und einige Schaltplanauszüge vom Digitalteil. Insbesondere der Analogteil und die Abgleichanleitung fehlen. Selbst die wenigen verfügbaren Unterlagen sind mir bisher nicht als Originale begegnet, so dass wir sie hier im RMorg wohl kaum einstellen können, ohne Copyright-Verletzungen zu riskieren.

Trotzdem habe ich inzwischen zwei PM2528 erfolgreich repariert, und es macht mir wirklich ausgesprochen Spaß, mit diesen zu messen. Der Aufwand allerdings war enorm, denn ich musste an mehreren Stellen Schaltungen aufnehmen, um z.B. die Relaiszuordnungen festzustellen. Die Ergebnisse würde ich gerne hier im RMorg hinterlegen, aber allein die ordentliche Aufarbeitung meiner etlichen Handskizzen erfordert viel Zeit, die ich derzeit nicht habe. Auch deshalb kann ich keinen
schön bebilderten Reparaturbericht liefern. Bis auf Weiteres müsste ich Interessierte bitten, sich ggf. direkt an mich zu wenden.

Sicherlich können aber schon mal folgende Reparaturtipps weiterhelfen:

1. Wundern Sie sich nicht, wenn Ihr Gerät z.T. völlig unplausible Messergebnisse anzeigt. Ursachen sind in 99% der Fälle lediglich Fehler an den Philips-eigenen Reed-Relais, die einige Jahre lang in diversen Philips-Messgeräten verwendet wurden. Von den rund 30 Relais sind nicht selten mehr als fünf (!) defekt! Meistens schließt der Reed-Kontakt nicht mehr, manchmal öffnet er nicht mehr. Es spricht einiges dafür, dass Risse im Glaskörper infolge von Überbeanspruchung beim Biegen der Anschlussdrähte in der Relais-Fertigung zu den massenhaften Spätausfällen geführt haben. Eine defekte Spule ist mir noch nie begegnet. Spulendaten beim PM2528: 5V und ca. 430 Ohm bzw. ca. 11mA, bei den anderen Geräten dieser Jahrgänge meistens 12V (und kein Relais-Gehäuse).
Zur Überprüfung aller (!) Relais muss man zunächst alle Einsteckplatinen und alle Relaistreiber-ICs entfernen (Fummelarbeit, da kaum Platz) und die Spulenanschlüsse auf der Lötseite der Platinen heraussuchen. Dann speist man mit einem potentialfreien Labornetzteil (ca. 4V und Strombegrenzung bei ca. 25 mA) unter Berücksichtigung der ESD-Gebote und der Polung der Löschdioden jeweils in die Relais-Spule ein und misst an den Relaiskontakten, ob der Schutzgaskontakt ordnungsgemäß schließt und öffnet. Die Kontakte selbst sind am besten von oben zu kontaktieren, denn man kann den Deckel des Relais-Gehäuses aufklapppen.
Die Relais lassen sich durch Austausch des Reed-Kontaktes wieder reparieren, allerdings muss man sie dazu vorher aus den Platinen auslöten. Nichts für Anfänger! Geeignete Kontakte sind z.B. bei Pollin unter der Art.-Nr. 420678 (VPE10) günstig erhältlich. Leider streuen deren Daten etwas, weshalb man ein repariertes Relais vor dem Wiedereinbau dahingehend überprüfen sollte, ob es schon ab ca. 3,5V anzieht. Die Drähte der Reed-Kontakte darf man nur hinter einer schützenden Pinzette vorsichtig biegen, sonst bricht der Glaskörper, oder er reißt zumindest ein, siehe oben!

2. Die Subminiatur-Glühlampen für die Bereichs- und Statusanzeigen sind heute oft durchgebrannt. Dauerhafter Ersatz ist am besten mit LEDs zu erreichen. Dafür eignen sich vorzugsweise rote, diffuse LEDs mit einem breiten Abstrahlwinkel von 60 Grad. Unbedingt welche mit eingebautem Vorwiderstand verwenden, denn für externe Widerstände reicht der Platz nicht! Meiner Erfahrung nach sind 12V-LEDs am besten geeignet, obwohl sie hier nur mit knapp 5V betrieben werden; 5V-Typen sind im Vergleich zum LED-Display zu hell. Je nach Position sind LEDs sowohl mit 3mm als auch mit 5mm Durchmesser zu verwenden, also gleich beide Versionen bestellen. Wenn der Platz mal ganz knapp wird, dann kann man die LEDs auch seitlich etwas abfeilen.

3. Ein kompletter Neuabgleich des Gerätes ist i.A. nicht erforderlich und mangels Anleitung auch kaum möglich. Ich war jedenfalls überrascht, welche Genauigkeit meine Geräte nach so langer Zeit immer noch hatten. Leichte Korrekturen z.B. am Offset kann man anhand der Aufdrucke auf der Abdeckplatte über den Potis evtl. noch vornehmen. Aber bitte nur im Notfall, denn die Einstellungen sind mitunter voneinander abhängig und deshalb nur in einer bestimmten Reihenfolge, die wir aber bis dato nicht kennen, durchzuführen. Also wieder nichts für Anfänger! Manchmal kann ein Blick in die Abgleichanleitungen und Schaltungen der verwandten Geräte wie z.B. PM2522A, PM2524 oder PM2527 ganz hilfreich sein.

4. In der deutschen Bedienungsanleitung steht unter Punkt 5.1.3.: "Das PM2528 kann an Netzspannungen von 100V, 120V, 220V oder 240V und an eine Netzfrequenz von 50Hz oder 60Hz angepasst werden. Falls dies erforderlich ist, wenden Sie sich bitte an Ihren Händler." Das hat schon seinen Grund, denn einen Spannungswähler gibt es nicht, ebensowenig wie wohl heutzutage noch einen passenden Händler.
Nach meinen Recherchen hat der Netztrafo zwei Primärwicklungen: Eine für 110V, und eine weitere für 110V, verbunden mit einer Aufstockwicklung von 10V. Demnach sind Netzspannungen von 110V, 220V und 230V möglich, evtl. auch von 120V, aber ich weiß nicht, ob die Aufstockwicklung für den doppelten Strom ausgelegt ist.

4a) Betrieb mit 220V oder 230V:
Sicherung: 125mA träge
Zur Bedeutung der relevanten Lötösen und Leitungen siehe das attachte Bild: Zur Primärseite des Trafos gehören u.a. die im Bildvordergrund zu sehenden, in einem gemeinsamen, orange gekennzeichneten Isolierschlauch geführten Leitungen (weiß und braun), sowie die rote Leitung. Die weiße Leitung dient der Reihenschaltung der beiden 110V-Wicklungen, die braune Leitung bleibt offen. Zur Umstellung von 220V auf 230V muss nur die rote Leitung von ihrer ursprünglichen seitlichen Trafo-Lötöse oberhalb der weißen Leitung auf die Lötöse auf der Trafo-Oberseite umgelötet werden, so wie auf dem Bild schon geschehen.

4b) Betrieb mit 110V:
Sicherung: 250mA träge
Die weiße und die braune Leitungen werden zur Parallelschaltung der einen mit der anderen 110V-Wicklung benutzt. Die Anschlüsse der Letzteren befinden sich diagonal gegenüber an der Unterseite des Netztrafos. Leider ist der ganze Aufbau derart gedrängt, dass ich ohne Demontage keine weiteren Fotos machen konnte. Ich denke aber, dass ein Fachmann in der Lage sein wird, die richtigen Anschlüsse herauszufinden, um ggf. auf 110V umverdrahten zu können.

4c) Die Umstellung 50Hz vs. 60Hz ist in der Signatur-Serviceanleitung auf den Seiten 11 und 12 beschrieben. Der zugehörige DIP-Schalter befindet sich in der Nähe des CPU-Quarzes.

5. Noch zwei kurze Hinweise zur internen Stromversorgung: Die 5V-Versorgung für den Digitalteil liegt mit Plus an Masse! Und: Es gibt mehrere Masseebenen. Das hängt u.A. mit der inneren Isolierung des Gerätes zusammen. Das Konzept ist in der Bedienungsanleitung beschrieben und dient dazu, auch extrem niedrige Fehlströme zu vermeiden. Immerhin arbeitet dieses Gerät in einigen Messbereichen mit Strömen im Nanoampere-Bereich.

Zum Schluss noch einmal ein dringender Appell:
Wer dazu beitragen kann, dass wir an die originalen Unterlagen für dieses Gerät herankommen, gerne auch nur leihweise, um sie zu scannen und im RMorg zu hinterlegen, der möge sich bitte bei mir (oder bei einem andern Kollegen) melden! Vielen Dank dafür im Voraus!

 

Edit:
Neben den erwähnten, anfälligen Philips-Reed-Relais gibt es im vorderen Bereich der Hauptplatine noch weitere Reed-Relais anderer Bauart sowie normale Relais. Deren Kontakte sind für höhere Spannungen bzw. höhere Ströme ausgelegt. Bisher ist bei mir keines dieser Relais fehlerhaft gewesen.

Anlagen:

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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philips: Reparaturhinweise 
03.Dec.24 21:25
327 from 763

Andreas Steinmetz (D)
Redakteur
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Anzahl Danke: 1

Erfreulicherweise kommt allmählich Bewegung in die Angelegenheit. Ich habe inzwischen einige Dinge zusammengetragen, die ich hier schonmal poste:

1. Ich muss feststellen, dass auch die zweite 110V-Wicklung eine 10V-Aufstockwicklung hat. Um Trafo-Unsymmetrien zu vermeiden, sollten entweder keine der Aufstockwicklungen oder eben beide zusammen verwendet werden, so dass sich folgende Betriebsspannungen realisieren lassen: 110V, 120V, 220V, 240V. Näheres siehe Anlage. Meine oben beschriebene Änderung auf 230V ist deshalb nicht empfehlenswert und sollte durch Umschaltung auf 240V erweitert werden.

2. Leider reicht es beim Umschalten von 50Hz auf 60Hz oder umgekehrt nicht aus, einfach den besagten DIP-Schalter umzuschalten, sondern man braucht auch noch einen anderen Quarz und andere EPROMs. Letztere dürften heute wohl kaum noch aufzutreiben sein. Näheres siehe Anlage.

3. Apropos EPROMs: Es gibt unterschiedliche Firmware-Varianten für das Gerät, aber bisher ist mir nur eine begegnet. Sicherheitshalber habe ich die EPROM-Inhalte ausgelesen und bei mir abgespeichert, so dass ich sie Interessierten ggf. zukommen lassen kann.

4. Für die Geräte-Kalibrierung wird eine spezielle BUS-Verlängerungskarte empfohlen, um an den Modulen während des Kalibriervorgangs Messungen vornehmen zu können. Diese dürfte heute wohl kaum noch zu beschaffen sein. Aber vielleicht geht es auch ohne.

5. Für die Fehlersuche mittels Signatur-Analyse braucht man spezielle Test-EPROMs und einen Logikanalysator. Auch diese beiden Dinge dürften heute wohl kaum noch beschaffbar sein.

Die letzten Punkte mögen ein wenig demotivierend sein, aber gottseidank tauchen beim PM2528 wie oben beschrieben eigentlich nur Fehler an den Philips-Reed-Relais und an den Anzeigelämpchen auf. Diese Probleme sind mit vertretbarem Aufwand behebbar.

Anlagen:

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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philips: Reparaturhinweise 
14.Dec.24 23:44
576 from 763

Andreas Steinmetz (D)
Redakteur
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Mit Hilfe der Beschreibung aus dem Anhang des Posts #2 habe ich inzwischen meine beiden PM2528 wie folgt auf 240V Netzspannung umgestellt:

  1. Nach Entfernen von Deckel und Boden des Gehäuses muss man die vier Befestigungsschrauben für die Gehäuserückwand entfernen und kann diese dann zusammen mit dem darauf montierten Netztrafo etwas nach hinten herausziehen. Mit einem kleinen Schraubendreher schiebt man anschließend den Sicherungsclip für die Betätigungsstange des Netzschalters ein wenig in Richtung Frontplatte und löst dann die Stange selbst vom Schalter. Nach dem Lösen aller steckbaren Leitungsverbindungen kann man die ganze Rückwand samt Trafo komplett entfernen, so dass man den Netztrafo bequem umverdrahten kann.
  2. Der Zusammenbau erfolgt in umgekehrter Reihenfolge. Wegen des gedrängten Aufbaus ist besonders darauf zu achten, dass keine Leitung gequetscht wird und besonders die Netzspannung führenden Leitungen einen ausreichenden Abstand zum Rest haben.

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.