rohde: Untersuchung eines defekten Messwerks

ID: 538071
rohde: Untersuchung eines defekten Messwerks 
14.Apr.20 10:27
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Martin Siebert (D)
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Martin Siebert

Auch wenn ich in den vergangenen Jahren keinen Bericht im Radiomuseum geschrieben habe, bin ich der Restauration von Technik mit Elektronenröhren treu geblieben: Gerettet wurde ein Betriebsempfänger 1340.21 vom Funkwerk Köpenick, der noch abgeglichen werden muss. Allerdings dauerte seine Rettung fast drei Jahre, weil ich in Vollzeit berufstätig war. Danach war es eine Freude einen Eddystone 730/1A zu retten. Er empfängt bereits ohne Abgleich alle 5 Bänder mit hoher Empfindlichkeit. Ein Zeichen, dass meine Eingriffe ihm gutgetan haben.

Es stand Alles bereit für den Abgleich des Eddystone mit dem Leistungsmesssender SMLR BN41001 am Antenneneingang und dem NF-Millivoltmeter UVN BN12001 an 2,5 ohmscher Last am Lautsprecherausgang.

Leider bewegte sich der Zeiger über der Skala des Millivoltmeters überhaupt nicht. Das Gerät funktionierte vor einigen Monaten noch tadellos und ist danach nur rumgestanden. Nach Prüfung der Röhren verfolgte ich mit meinem Oszilloskop das Eingangssignal vom Eingang bis Messwerk. Die Elektronik funktioniert tadellos und liefert Wechselspannung an das Messwerk.

UVN BN12001: Messwerk

Der Fehler liegt eindeutig im Messwerk, das bei angeschlossener Wechselspannung nicht ausschlägt.

Der Ausbau ist schnell und einfach: Elektrische Verbindungen abschrauben, Eine Abschirmung im Gerät lockern und Drehen von zwei Schrauben an der Frontplatte geben das Messwerk frei.

Die vier Schrauben waren schnell herausgedreht, die an jeder Kante die Abdeckung über der Skala festhalten. Leider löste sie sich die Abdeckung nicht. Hoffnung bestand im Lösen von fünf Schrauben: Drei sind am Rand des runden Teils, zwei in der Mitte. Ich musste hohes Drehmoment mit Schraubendreher und Gabelschlüssel aufwenden. Es „knallte“ fünfmal und ab jetzt war keine große Kraft mehr notwendig.

Aus Erfahrung weiß ich, dass auf keinen Fall diese Schrauben herausgedreht werden dürfen! Sonst kullert das Messwerk im Gehäuse herum, ist schwer einzufangen und dem Teil des Messwerks droht Schaden, der vorne an der Schraube hängt, wo die mechanische Null vom Messwerk eingestellt wird.

Sinn dieser Aktion war die Klärung, ob diese irgendwie die Abdeckung vorne festhalten. Ich merkte, dass diese Schrauben nur das Messwerk im Gehäuse in Position halten.

Leider ist die Abdeckung entweder mit Kunstharz geklebt oder eine mechanische Sperre blockiert den Zugang, weil eine Reparatur des Messwerks nicht vorgesehen ist, denn ein Austausch des Messwerks war damals vom Servicetechniker in wenigen Minuten erledigt.

UVN BN12001: Geöffnetes Messwerk

Nur, wie kriege ich das Ding runter ohne Zerstörung des Bakelit-Gehäuses?

Mit einer kleinen Trennscheibe fräste ich unter der Abdeckung Material vom Gehäuse weg, in der Hoffnung, die Sperre auszufräsen. Das Etwas unter der Abdeckung fehlt, merkt später keiner. Das Material an den Kanten ließ ich stehen mit der die Abdeckung aufgeschraubt wird. Die Nut wird später mit Heißkleber gefüllt. So dringt kein Staub ins Messwerk ein.

UVN BN12001: Null-Abgleich vom Messwerk

Und endlich gab es einen leichten Knack. Ohne Gewalt löste ich vorsichtig die Abdeckung, denn das Messwerk hängt noch vorne an der Schraube, wo die Ruhelage des Zeigers eingestellt wird. Zum Glück steckt nur ein Stift in einer Gabel vom Messwerk, der mühelos rausgezogen wurde.

UVN BN12001: Messwerk ohne Skala

Ich löste zwei Schrauben, die die Skala am Messwerk festhalten. Das gab den Blick zum Messwerk frei.

UVN BN 12001: Skala

Die Skala war mit Bakelitstaub bedeckt, den ich mit einem Pinsel entfernte. Mit Skalen bitte große Vorsicht! Unbedingt dazu die Hilfen in diesem Radiomuseum lesen und beachten!

UVN BN12001: Rückseite der Skala mit Datum „31. März 1958“ und Unterschriften

UVN BN12001: Seitenansicht vom Messwerk

Verwendet wird ein Gleichspannungsmesswerk in einer Brückengleichrichterschaltung aus Germaniumdioden: 40 kΩ  sind am Eingang, wo der Messverstärker seine Wechselspannung abgibt. 2,1 kΩ sind vor dem + -Pol des Messwerks in Reihe geschaltet.

Die Mechanik vom Messwerk ist einwandfrei: Die Spule vom Messwerk hängt sicher in Position an zwei feinen Nadeln, die in einer Körnung liegen. Diese Punktlager sind im feststehenden Dauermagneten mit Madenschrauben fixiert. Löst man diese kann man die Punktlager zusammenschieben und kann kraftfrei die Spule mit Zeiger lösen.

Die elektrische Verbindung zur Spule erfolgt über zwei Spiralfedern, die ein leichtes Drehmoment gegeneinander aufbringen. Das Drehmoment der oberen Spule wird mit einer Gabel so eingestellt, dass beide Drehmomente sich genau dann aufheben, wenn im stromfreien Zustand der Zeiger über der Null liegt.

Fließt Strom durch die Spule entsteht ein zusätzliches Drehmoment, das den Zeiger nach rechts bewegt. An der Seite der Metallplatten, die das Magnetfeld formen, ist neben einem Luftspalt ein ferromagnetisches Metallstück festgeschraubt, dessen Lage verändert werden kann. So kann für Justierung des Messwerks der magnetische Fluss ein klein wenig verändert werden.

Mit einem Labornetzteil prüfte ich die Funktion vom Messwerk. Die Brückenschaltung funktioniert.

Es fließt kein Strom durch das Messwerk. Ich untersuchte die elektrischen Verbindungen im Messwerk: Keine kalten Lötstellen, nichts abgerissen oder gebrochen, Spannung erreicht auf beiden Seiten die Spule.

Damit ist leider der schlimmste Fehlerfall eingetreten: Ein Bruch in dem sehr dünnen lackisolierten Kupferdraht in der Messspule!

Das heißt: Ablöten der Verbindung Spulendraht/Spiralfeder auf beiden Seiten. Lösen der Madenschrauben, zusammenschieben der Punktlager und Spule mit Zeiger entnehmen.

Der feine Kupferdraht wird von zwei dünnen Plastikmanschetten und eventuell mit Klarlack in Position gehalten.

Dieser Draht muss abgewickelt werden bis die Bruchstelle erscheint. Diese wird geflickt und das Allerschlimmste wird das Aufwickeln des feinen Spulendrahts sein.

Dann muss das Ganze richtig zusammengesetzt werden. Ein zerbrochenes Hühnerei zusammenzukleben ist dagegen einfach.

Abgleich des Eddystone 730/1A mit einem UVN BN12001 ohne Messwerk

Ich brauche Hilfe:

Hat jemand ein geeignetes Messwerk für Gleichspannungen?

Wichtig ist Mechanik, die sich gut einbauen lässt.

Weniger wichtig sind die elektrischen Werte: Ideal Vollausschlag bei 9,1 V und etwa 200 µA die mit Bleistift am Messwerk damals vermerkt wurden. Andere Werte kann ich anpassen. Entweder passiv oder mit Verstärker, den ich passend dazu entwickle.

Das wird Alles reversibel eingebaut. Außer zwei isolierten Schaltdrähten im Gerät, vom Netzteil zum Verstärker im Gehäuse vom Messwerk, bleibt das Original in Optik und Funktion erhalten.

Ideal wäre ein Angebot eines BN 12001 mit intaktem Messwerk, der aufgrund anderer Schäden nur aufwendig gerettet werden könnte.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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rohde: Untersuchung eines defekten Messwerks 
15.Apr.20 09:46
174 from 1491

Hans RODT (D)
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Hans RODT

Hallo Herr Siebert,

leider kenne ich die Größe Ihres defekten Instruments nicht.

Ich könnte Ihnen, falls anzupassen, ein Instrument mit 300 uA Vollausschlag zu Verfügung stellen.

Größe : 12 x 10,2 cm , runder Einbaudurchmesser Rückseite etwa 7,5 cm.

Mit besten Grüßen

Hans Rodt

 

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Reparatur möglich 
15.Apr.20 21:36
279 from 1491

Steffen Thies (A)
Redakteur
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In Jogis Röhrenbude, Seiten "Reparatur eines Röhrenprüfgeräts" wird die Reparatur eines defekten Meßwerks beschrieben. Vielleicht zur Inspiration... ich war nach der Lektüre froh, daß ich soweit noch nicht einsteigen mußte!

Grüße,

Steffen Thies
 

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Zwischenbericht 
15.Apr.20 22:16
295 from 1491

Martin Siebert (D)
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Martin Siebert

Vielen Dank für Eure Hilfen!

Firma, die Messgeräte repariert

Ich erhielt eine E-Mail von einem Mitglied: Es gibt eine Firma, die Messgeräte repariert.

Ich bin allerdings nicht sicher ob die Forenregeln erlauben. Mitglied und Firma beim Namen zu nennen.

Ich werde in den nächsten Tagen entscheiden, ob ich mit dieser Firma Kontakt aufnehme. Hier müsste ich klären, ob die mir helfen können.

Bruchstelle mit Funkenüberschlag finden

Sehr interessant war ein Vorschlag in einer E-Mail von einem anderen Mitglied des Radiomuseums:

Zur Lokalisierung der Unterbrechung kann eine hochohmige (etwa 1 MΩ) Wechselspannung > 600 V an das Messwerk angelegt werden. Mit etwas Glück erscheint ein kleiner Funke an der Stelle, wo die Unterbrechung ist. Wenn der in der Nähe der Lötanschlüsse der Spule sitzt kann diese Stelle gerade noch mit relativ wenig Aufwand geflickt werden.

Ich probierte das gleich mit meinem Hochspannungslabornetzteil MCP 140-1250 aus. Verwendet wurde ein in Reihe zur Messspule geschalteter 1 MΩ-Kohlepresswiderstand, der die erforderliche Spannungsfestigkeit hat. Bei den üblichen Kohle-, Metalloxid- und Metallfilmwiderstände wird meistens ein Keramikkörper mit dem Widerstandsmaterial beschichtet. Der genaue Widerstandswert wird durch Abtragen vom Widerstandsmaterial eingestellt. So können an Kanten hohe Feldstärken entstehen, die zum Überschlag führen können.

Das Laborhochspannungsnetzteil liefert eine genau einstellbare Spannung von 0 V bis 1250 V.

Vorsicht niederohmige Hochspannung!

Für fehlendes Wissen oder gar geistiges Unvermögen im Umgang mit lebensgefährlichen Wechsel- und Gleichspannungen übernehme ich keine Haftung oder Verantwortung!

Es gab bei 120 V einen Überschlag in der Messspule. Wo konnte ich nicht lokalisieren. Dabei wurde eine elektrische Verbindung in der Spule geschaltet.

Vollausschlag war zuerst bei 160 V, 0,16 mA, später dauerhaft bei 190 V 0,2 mA. Ist also nicht stabil.

Ein intaktes Messwerk sollte einen Vollausschlag bei etwa 10 V, 0,2 mA zeigen.

Durchaus möglich, das nur ein Teil der Spule durch einen Funken aktiv wurde. So fehlt magnetisches Drehmoment.

Leider ist ein Flicken der Messspule mit diesem Ergebnis mir nicht möglich.

Den Versuch war des wert.

Messwerk von Herrn Rodt

Herr Rodt, vielen Dank für Ihr Angebot eines Messwerks in ihrem Post. Das könnte klappen.

Dem Messverstärker ist es egal, ob 200 µA oder 300 µA bei Vollausschlag fließen. Der ist niederohmig genug. Interessant ist die Spannung am Messwerk. Hier finde ich geeignete Lösungen.

Das Messwerk könnte gut in das Originalgehäuse meines Geräts eingebaut werden. Natürlich wird die Skala von meinem Gerät verwendet. Die Bohrungen in beiden Skalen könnten denselben Abstand und Lage haben.

Könnte funktionieren!

Zwei Messwerke aus einem BN12001?

In E-Bay bietet zurzeit ein privater Verkäufer zwei genau passende Messwerke an! Eines davon wurde mit Gewalt geöffnet (Messwerk defekt?). Vom Anderen existiert kein Bild.

Ich habe den Anbieter gebeten, die Messwerke mit einer 1,5 V- oder einer 9 V-Batterie zu testen, ob sie ausschlagen. Bis jetzt kam keine Rückmeldung.

Könnte funktionieren, wenn Rückmeldung kommt. Leider hoher Preis.

Einbau-Millivoltmeter

Wesentlich preiswerter ist ein anderes Angebot eines Einbau-Millivoltmeters in E-Bay, das verwendet werden könnte. Ist vermutlich nicht von Rohde & Schwarz. Im Moment ist diese Möglichkeit für mich noch nicht interessant.

Hier wäre der Aufwand größer, das passend zu machen.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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Zweiter Zwischenbericht 
20.Apr.20 09:08
463 from 1491

Martin Siebert (D)
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Martin Siebert

Hilfe für dieses Milivoltmeter ist unterwegs!

Herr Rodt wird mir unentgeltlich ein geeignetes Messwerk zuschicken.

Vielen Dank!

Firma, die Messgeräte repariert

Durch die Hilfe von Herrn Rodt erübrigte sich eine Anfrage, ob eine Reparatur möglich ist.

Bruchstelle mit Funkenüberschlag finden

Eine Reparatur des Messwerks ist mir mit diesem Ergebnis nicht möglich.

Zwei Messwerke aus einem BN12001?

Ich erhielt bis heute keine Antwort vom Anbieter. Damit ist diese Möglichkeit zur Rettung ausgeschlossen worden.

Einbau Millivoltmeter

Diese Lösung werde ich nicht realisieren.

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