music-boy 1100: Wer weiss, was ein „Radio-Ruëch“ ist?
music-boy 1100: Wer weiss, was ein „Radio-Ruëch“ ist?
Wer weiss, was ein „Ruëch“ ist?
Ein „Ruëch“ ist ein Grobian. Mein Radio ist einem Radio-Ruëch in die Hände gefallen. Die Schäden, die er angerichtet hat, sind ohne Zahl. Erst langsam erschliessen sie sich dem Radiofreund, der bald einmal den Tränen nahe ist. Wie kann einer nur, wie kann einer nur…
Irgendwie ist die Teleskopantenne losgeraten vom Trageglied. Das wird dick verleimt, so dick, dass die Antenne nicht mehr eingeschoben werden kann. Auch kein Problem, dann haut man kräftig drauf, so stark, dass die Antenne aus ihrer Halterung geschlagen wird. Der Seilzug ist gerissen? – Kein Problem, der Radio-Grobian wird’s schon richten! – Am Schluss fehlt der Zeiger, es fehlen die Umlenkröllchen… der Seilzug selber, er fehlt natürlich am Ende immer noch. Ein Grobian hat keine feinen Fingerspitzen… Auch dafür gibt es eine Lösung – jetzt nicht bänglich zurückschrecken sondern tapfer weiterlesen! – Man bricht schnell entschlossen ein Loch ins Gehäuse, damit kann man den Drehkondensator von aussen direkt bedienen, nicht wahr? – Wenn man jetzt noch eine dickere Antriebsrolle aufsteckt, geht die Bedienung auch mit fetten Fingern ganz vorzüglich. – Die Platine ist ebenfalls aus der Halterung gekommen – sie korrekt aufs neue zu befestigen, will dem Radio-Grobian partout nicht gelingen. Der Drehkondensator kann jetzt, da er nun anstösst am Gehäuse, nur noch teilweise ausgedreht werden. Klebeband ist die Verankerung des Lautsprechers.
Alles kein Grund zum Jammern: der Radio-Henker hat das Radio doch wieder toll zum Laufen gebracht…
Wer nur soll sich des armen Opfers je noch annehmen? – Muss es verunstaltet in den Müll? – Es muss ein weisser Radio-Ritter her, hoch zu Pferd!
Der Radio-Ritter schüttelt den Kopf, wie er das Schlachtfeld sieht. – Mal zum Laufen bringen, das arme Ding. Dann wird man weitersehen. – Das Unwahrscheinliche geschieht: das Radio läuft. Es lebt. Die Wellenschalter schalten die Wellen, die Abstimmung geht auf reichlich primitive Weise bis zur Hälfte des Bandes, aber so lassen kann man das natürlich nicht.
Der Radio-Ritter überlegt. Perfekt wird das nimmermehr. Man muss arbeiten mit dem, was man hat. Die Antenne wird entfernt. Sie wird mit der Schleifmaschine am Fuss so bearbeitet, dass sie herausgezogen und wieder hineingestossen werden kann. – Die Platine wird korrekt eingebaut, damit der Drehkondensator den ganzen Bereich bestreichen kann. Ein Kleiner Bruch wird verfestigt.
Es muss ein Zeiger her! – der wird aus durchsichtigem Kunststoff aus dem Fundus nachgebildet. Neue Röllchen sind nicht vorrätig, ein dicker Draht bildet eine Führung, sodass der Seilzug trotzdem sauber funktioniert. Die Drehko-Rolle ist so dick, dass die Wunden im Gehäuse sich nie wieder schliessen lassen werden. Die Rolle wird abgeschliffen, bis sie passt. Es wird ein Haltepunkt für die Feder in sie eingebaut, sodass nach den Instruktionen aus dem Seilzugplan verfahren werden kann. – Jetzt kann wieder abgestimmt werden mit dem silbernen Abstimmknopf, der Zeiger geht lustvoll hin und her. Perfekt steht er nicht auf der Frequenz, aber mit der Abweichung kann man leben.
Das Loch wird zugekleistert. Gewiss war diese Seite vorher schöner, aber wenigstens verirrt sich das unbedarfte Auge oder ein neugieriges Fingerlein nicht mir nichts, dir nichts ins Geräte-Innere.
Das Radio ist am Ende ganz prächtig, wie eh und je. Es braucht einer ja nicht gerade auf die falsche Seite zu blicken! – Wer’s nicht weiss, den macht’s nicht heiss. Wirklich jedermann beschaut das Radio voller Wohlwollen: welche Schönheit! - Welcher Klang!
Es lebe der weisse Radio-Ritter… und alle Radio-Grobiane sollen für immer in die tiefste Radio-Hölle!
Ich weiss sogar, wie die Radio-Hölle für den Radio-Grobian aussehen wird: Er muss den Seilzug neu aufziehen! Immer wieder, bei der aller-, allerletzten Wicklung, da springt ihm der Faden ab, er muss aufs Neue beginnen...
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