Restauration des Lange L 63 W
Das hier vorgestellte Gerät ist ein Dachbodenfund, der im Laufe der Jahre leider unter Feuchtigkeit gelitten hatte. Es stand teilweise unter einem offenen Dachfenster, was gerade beim Furnier der Decke starke Schäden verursacht hatte.
Bild: Lange-L63W-vor-Rest zeigt die Schäden in der Gesamtheit. Man sieht, dass der Lack rund herum abblättert und sich durch Feuchtigkeit vom Holz gelöst hat. Das Deckfurnier ist lose, glücklicherweise waren die hinteren Stücke nicht verloren gegangen und sind auf dem Foto mit Tesafilm provisorisch gesichert.
Bild: Lange-L63W-vor-Rest-oben zeigt die Schäden im Einzelnen. Hinten hatten sich Furnierstreifen komplett gelöst (Pfeil 2). In der Mitte war das Furnier geschrumpft und hatte einen Riss gebildet. Man sieht deutlich, dass die Kanten zueinander passen und nicht ein Stück fehlt (Pfeil 1). Zudem hatte sich die linke Seite des Furniers dunkel verfärbt. Womöglich sind diese Verfärbungen durch Schmutzwasser entstanden. Später davon mehr.
Das Sperrholz unter dem Furnier hatte sich an der hinteren Kante teilweise delaminiert und Holzstückchen fehlten.
Das Chassis sah auf den ersten Blick noch gut aus (Bild: Lange-L63W-vor-Rest-hinten), es war von oben lediglich leicht von Flugrost bedeckt (Bild: Lange-L63W-Chassis-oben).
Von unten war es nahezu unberührt (Bild: Lange-L63W-Chassis-unten). Die Knöpfe sind auch noch original.
Da das Gerät nicht so häufig zu finden ist, beschloss ich es zu restaurieren.
Das Chassis
Der Lange L63W ist ein typischer Tetroden / Pentoden-Zweikreiser der Jahre 1927 – 1932. Er entspricht in seiner Schaltung in etwa dem Telefunken T40 oder ähnlichen Geräten anderer Firmen. Als Hf Röhre wird nach dem ersten Kreis eine Tetrode oder Pentode verwendet. Hier müssen es die Tetroden RENS 1214 oder RENS 1264 sein, wie ein innen befestigtes Schild verlangt. (Bild: Lange-L63W-Schild)
RENS 1214 und RENS 1264 waren im Gegensatz zur RENS 1204 Regelröhren. Der Schaltplan für das Gerät wurde (noch) nicht aufgenommen. Die feststehenden Plattenpakete des Doppel-Abstimmkondensators lassen sich durch den kleinen Bedienknopf in der Mitte nachjustieren, dies war zu jener Zeit üblich. Die Hf-Spulen sind Luftspulen und zeigen keinerlei Nachstimmelemente. (Bild: Lange-L63W-Spule)
Bis auf einen modernen Widerstand mit Farbcode für die Schirmgitter-
spannung der RENS 1214 war das Chassis unberührt. Da das Gerät nicht von einem Sammler stammt, muß es tatsächlich bis in die Ära der Farbcodewiderstände, also u.U. Anfang der 60er Jahre benutzt worden sein.
Darüber hinaus war nur ein Kordelwiderstand, der in der Kathodenleitung der RENS 1214 lag defekt. Das Gerät enthält mehrere Kordelwiderstände. (Siehe Bild oben) Der Blockkondensator war nicht aufgequollen und die Leckströme des Gerätes betrugen bei einem Test ohne Röhren nur wenige mA. Er wurde daher unberührt gelassen. Lediglich die Gitterkondensatoren der beiden Nf-Röhren REN 904 (Vorstufe) und RES 364 (Endpentode) wurden innen erneuert. Das Gerät ist mit Kondensatoren der Firma Electrica ausgerüstet, ein Traum für den Restaurator. Die Wickel sitzen in Pappröhrchen, die mit Pappdeckeln verschlossen sind. Man kann die Pappdeckel leicht entfernen, den Wickel ohne Erwärmung herausziehen und den neuen axialen Kondensator hineinschieben und das Pappdeckelchen wieder verschleißen.
(Bild: Lange-L63W-Kondensator). Der Farbcode-Widerstand wurde durch einen zeitgemässen Typ wie er im Gerät verwendet wurde ersetzt. Der Blockkondensator trägt übrigens den Aufdruck „23. Juli 1932“. Die Schalterkontakte mußten gereinigt werden und mit einem Glasfaserpinsel blank geschmirgelt werden. Natürlich mußte das Netzkabel mit einem zeitgemässen Stecker erneuert werden.
Von oben wurde das Chassis nur gründlich gereinigt. Der geringe Rostbefall rechtfertigt meiner Ansicht nach (noch) keine Neulackierung.
Das Gerät spielte auf Anhieb und zeigt die für die Pentoden-Zweikreise übliche sehr gute Empfindlichkeit.
Das Gehäuse
Nachdem sich gezeigt hatte, dass das Chassis sehr gut original erhalten war, konnte mit der Restauration des Gehäuses begonnen werden.
Zuerst wurde der Lack nach einer Empfehlung von Martin Renz mit mit Nitroverdünnung getränkten Papiertüchern entfernt. Die Papiertücher wurden auf die Oberfläche gelegt und mit Alufolie abgedeckt. Nach ca. 15 Minuten hatte sich der Lack gelöst, konnte abgewischt werden und auch der Schmutz war teilweise in das Papiertuch gewandert.
Gegenüber der Verwendung von Abbeizern wird hier die Holzoberfläche wesentlich geringer angegriffen.
Außer auf der Decke war das Furnier des Gerätes gut erhalten und fest. Die Decke wurde wie im oben zitierten Artikel behandelt. Die losen Furnierstreifen mußten teilweise mit zusätzlichen Furnierstückchen unterfüttert werden, da das Sperrholz aufgequollen war und Stücke der Holzunterschichten verloren gegangen waren. Mit einer Spritze wurde unter das lose Furnier mit Wasser verdünnter Ponal-Kleber injiziert und anschließend mit zwei Holzplatten von oben und unten und Schraubzwingen wie bei Martin Renz beschrieben angepresst.
Nachdem der hintere Teil der Decke wieder fest war, konnte ich mich dem mittleren Teil mit dem Schrumpf-Riss widmen. Zuerst wurde das Furnier mit feuchten Papiertüchern bedeckt und tatsächlich quoll das Furnier derartig auf, dass sich der Riss in der Mitte schloss! Die losen Stellen des Furniers bildeten regelrechte Wellen, in die verdünnter Kleber eingespritzt wurde und anschließend wieder gepresst wurde.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen (Bild: Lange-L63W-nach-Rest-oben1). Jetzt trat leider aber auch die bereits oben erwähnte Verfärbung deutlicher hervor. Es wurde versucht, sie mit Abschleifen und durch Bleichen mit Wasserstoffperoxid zu entfernen. Leider gelang das nur mäßig. Das Furnier ist sehr dünn und dem Abschleißen dadurch Grenzen gesetzt. Das Gehäuse wurde daher mit verdünnter Beize „Eiche dunkel“ leicht nachgebeizt und anschließend mit Schnellschleifgrundierung mehrmals gestrichen und mehrmals mit 320er Schleifpapier geschliffen. Als Decklackierung verwendete ich Schelllack. Jedoch verwendete ich kein Bimsmehl zum Auffüllen der Poren, da Geräte jener Zeit nicht so stark poliert waren wie Geräte in den 50er Jahren.
Die lackierte Decke zeigt Bild: Lange-L63W-nach-Rest-oben, deutlicher sieht man die leider noch verbliebene Verfärbung auf Bild: Lange-L63W-nach-Rest-oben3.
Das fertige Gerät zeigt Bild: Lange-L63W-nach-Rest2, es ist jetzt wieder ein Prunkstück. Hier noch eine Rückseitenaufnahme (Bild: Lange-L63W-nach-Rest-hinten). Die abgeblätterte Abschirmung der RENS 1214 wurde wie hier beschrieben erneuert und bestempelt. Zuletzt noch ein Bild der Rückwand (Bild: Lange-L63W-Rueckwand). Innen trägt sie folgende Beschriftung: (Bild: Lange-L63W-Beschriftung).
Das fertige Gerät:
Hier noch eine Anmerkung. Es gibt im RMorg einen L63W alt, einen L63 W II und einen L63W neu.
L63W alt ist deutlich unterschiedlich zu den anderen beiden Typen. Abgerundetes Gehäuse und kleine Skala.
Die anderen beiden unterscheiden sich geringer. Vom Gehäuse her hat eine Type vorstehende Füße (L 63 W II), der andere einfach eine glatte Leiste unten.
Mein Gerät hat einen Anschluss für einen elektrodynamischen Lautsprecher, der durch ein Loch links in der Rückwand zugeführt wird (siehe Bild) . Dieses Loch findet man nicht bei allen Varianten. Daher hat er auch als Gleichrichterröhre wahlweise RGN 1054 oder RGN 504 (siehe Schild). Als Tetrode wird wahlweise RENS 1214 oder RENS 1264 empfohlen. Für den elektrodynamischen Lautsprecher hat mein Gerät daher wahrscheinlich auch die stärkere RES 364 installiert.
Rüdiger Walz
Rüdiger Walz, 02.Aug.10
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