Messgeräte Selbstbau nach WW2
SELBSTBAU aus alter Zeit - siehe Anleitung mit Klick auf
- Country
- Germany
- Manufacturer / Brand
- SELBSTBAU aus alter Zeit - siehe Anleitung mit Klick auf
- Year
- 1945 ?
- Category
- Service- or Lab Equipment
- Radiomuseum.org ID
- 30399
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- from Radiomuseum.org
- Model: Messgeräte Selbstbau [nach WW2] - SELBSTBAU aus alter Zeit -
- Notes
-
SELBSTBAU: Jemand hatte das FRÜHER selbst gebaut. Siehe Anleitung unter «Hersteller».
Alle Daten in die Bildlegende. Diese Seite nicht verändern!
Siehe auch EIGENBAU, NACHBAU, und UNBEKANNT (sowie HOMEBREW ORIGINAL, alle Länder ausser D, A und CH).
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5MHz-Oszillograf
ein Meisterstück von 1956
Einleitung
Der Oszillograf ist als Meisterstück im Jahr 1956 gebaut worden. Nachdem ihn die Erben jahrelang als Erinnerungsstück aufbewahrt hatten, kam er jetzt, wie auch andere Sachen aus der Werkstattauflösung, in meinen Besitz.
Es sind alle Unterlagen vorhanden, die seinerzeit bei einem Meisterstück anzufertigen waren als da sind: Geräte- und Schaltungsbeschreibung, Stücklisten, Kalkulation, mechanische Konstruktionszeichnungen und Schaltplan (alle Zeichnungen lichtpausfähig als Transparentzeichnungen in DIN A1 und DIN A2 mit Schablone beschriftet ). Sogar das Auslieferungsschreiben an einen fiktiven Besteller ist dabei.
Da das Gerät in einem sehr guten Zustand ist und außerdem die hohe Qualifikation des Erbauers zeigt, habe ich mich entschlossen, das Gerät zu restaurieren und hier vorzustellen.
Als Beispiel einige Zeichnungen aus der Dokumentation. Die großen Transparentzeichnungen habe ich mangels Kopiermöglichkeit fotografiert und nachbearbeitet, da sie vergilbt sind. Durch die Verkleinerung sind natürlich keine Details mehr zu erkennen. Es soll nur ein Eindruck von der Qualität der Arbeit vermittelt werden.
Zusammenbau-Zeichnung
Beispiel einer Einzelteilzeichnung
Mechanischer Aufbau
Das Gerät ist sehr stabil (und schwer) aufgebaut. Alle Blechteile sind aus 1,5 mm Stahlblech angefertigt und nach der Bearbeitung kadmiert worden. An den Biegestellen sind keinerlei Dellen zu erkennen, was auf die Verwendung einer Kantbank schließen lässt. Der Aufbau ist sehr gut durchdacht. Ich habe keine nachträglich (nach der Oberflächenbehandlung) angebrachten Bohrungen gefunden. Wer jemals komplexere Geräte gebaut hat, weiß das zu würdigen. Ich möchte nicht wissen, wie oft manche Blechteile neu angefertigt worden sind, weil man mit den Abwicklungsmaßen und Biegeradien auf Kriegsfuß stand.
Die Verdrahtung ist dank der Verwendung von Lötösenleisten stabil und übersichtlich. Der lange Kabelbaum zu den Bildlagepotentiometern ist sauber und mit gleichmäßigen Abständen gebunden. Alle Lötstellen sind gelackt.
Hier einige Innenansichten:
(weitere Bilder sind auf der Modellseite zu finden)
Rechte Seite mit Y-Verstärker
Linke Seite mit X-Verstärker
Draufsicht Chassis
man erkennt im hinteren Teil die große Siebdrossel des Netzgerätes nebst Gleichrichterröhren und Glättungskondensatoren
Die Bildröhrenfassung ist schwimmend eingebaut. Die Bildröhre wird mit einer Feder in die mit einer Korklage ausgefütterten Frontblende gedrückt. Der Federdruck ist einstellbar. Damit die Röhrenfassung ohne eingesetzte Röhre nicht herausfällt ist sie von vorn mit 3 Z-Winkeln lose gehalten, die so bemessen sind, dass sie der Röhre genügend axiales Spiel lassen.
Da die Bildröhre eine alte AEG-Type von 1940 ist, hat sich der Erbauer auch Gedanken über einen Ersatz gemacht:
„Für den Fall, daß die Elektronenstrahl-Röhre einmal ausgewechselt werden muß, wurde für die Heizung der Röhre, die jetzt 4 V beträgt, eine Umschaltmöglichkeit vorgesehen, so daß auch Röhren mit 6,3 V Heizung verwendet werden können. Die hier dann zur Anwendung kommende Röhre wäre eine Telefunkenröhre vom Typ DG10-14. Für diese Type ist auch der verwendete Abschirmzylinder vorgesehen.“
Wie der Umbau auf die andere Röhrenfassung zu geschehen hat und woher die für diese Röhre erforderliche Nachbeschleunigungsspannung kommen soll, wird nicht vorgeschlagen. Ebenfalls wird nicht über die Auswirkung auf die Ablenkempfindlichkeit eingegangen. Da wäre dann wohl doch noch etwas Entwicklungsarbeit erforderlich.
Ansicht von unten
oben X-Verstärker, Mitte Kipp-Gerät und Netztrafo, unten Y-Verstärker und Teile vom Netzgerät
Das Gehäuse ist eine Sonderanfertigung und als zugekaufte Leistung in der Kostenrechnung ausgewiesen. Die Frontplatte ist mit schwarz beschichtetem gravierten Alu-Blech abgedeckt. Das gibt dem Gerät ein absolut professionelles Aussehen. Vermutlich konnte der Erbauer seinen eigenen Anteil an den mechanischen Arbeiten in einer gut ausgerüsteten mechanischen Werkstatt ausführen. In einer normalen Rundfunkwerkstatt Mitte der 50'er Jahre bestanden diese Möglichkeiten sicherlich nicht (und heute erst recht nicht, weil nicht mehr erforderlich).
Die letzte Seite der Kostenaufstellung gibt unter Punkt 3.) Auskunft über die zugekauften Leistungen und unter Pos. 8.) einen Rechnungspreis von 1847,49 DM.
Der angegebene Zeitaufwand erscheint mir recht gering, besonders für Entwurf und Zeichnung. Andererseits wäre so ein Gerät aber im Vergleich mit einem Industriegerät nicht bezahlbar gewesen. Da es sich hier um eine Prüfungsarbeit handelt, kommt es jedoch nur auf die prinzipielle Darstellung an.
Ob hier Arbeiten unter Aufsicht mit Zeitlimit zu erbringen waren, kann ich nicht sagen. Ich kenne die damaligen Prüfungsvorschriften nicht.
Technische Daten
Ein Auszug aus der originalen Beschreibung:
Verwendet wird eine Elektronenstrahl-Röhre mit 10 cm Schirmdurchmesser und symmetrischen horizontalen und vertikalen Ablenkplatten.
In das Gerät wurden eingebaut:
1.) Ein vierstufiger Meßverstärker mit Katodenverstärkerstufe im Eingang und symmetrischer Ausgangsspannung durch katodengekoppelte Gegentaktendstufe. Eingangsempfindlichkeit des Verstärkers ca. 50 mV eff/cm. Linearer Frequenzbereich von ca. 20 Hz bis 5 MHz. Eingangsspannung max. 5 V eff = 14 Vss. V = 180 bei einer vertikalen Empfindlichkeit der Ablenkplatten von 0,4 mm/V = 2,5 V/mm.
2.) Ein zweistufiger Horizontalverstärker mit symmetrischem Ausgang durch Phasenumkehrstufe, umschaltbar zur Symmetrierung der Kippspannung. Eingangsempfindlichkeit ca.0,1 mVeff/cm, linear von ca. 30 Hz bls 500 kHz.
3.) Ein Hochvakuum-Kippgerät mit 3 Röhren in Kallirotronschaltung. Ausgangsspannung max. 150 V; Frequenzbereich von 15 Hz bis 425 kHz. Das Gerät ist umschaltbar für Eigen-, Fremd- und Netzsynchronisierung sowie zur Kippspannungsabgabe nach außen.
Die Ablenkplatten der Elektronenstrahl-Röhre sind von den Verstärkerausgängen abschaltbar und durch äußere Ablenkspannungen steuerbar. Die horizontale und vertikale Punktverschiebung läßt sich durch Nullpunkteinstellung regeln. Eine abschaltbare Helligkeitssteuerung ist vorgesehen.
Soweit der Originaltext, es fehlen die Abmessungen mit: Breite 235 mm, Höhe 350 mm, Tiefe 475 mm, Gewicht 20,8 kg.
Schaltung
Aus den technischen Daten geht die Schaltung schon grob hervor. Die gesamte Schaltung und die Auslegung ist in den Unterlagen natürlich ausführlich beschrieben. Eine komplette Wiedergabe würde hier aber den Rahmen sprengen. Hier nur einige Anmerkungen:
Es fällt sicherlich der Begriff "Kallirotronschaltung" beim Kippgerät auf. Wenn man die Schaltung dann genauer betrachtet, merkt man, dass es sich um einen Multivibrator handelt. Eine entsprechend ausgeführte Schaltung mit Lade-/Entlade- und Steuerröhre findet man auch als sog. "Drei-Pentoden-Schaltung" bei Czech, Der Elektronenstrahl-Oszillograf.
Das Netzteil ist üppig dimensioniert und nimmt fast ein Drittel des Platzes im hinteren Teil des Gerätes ein. Der Netztrafo hat einen Kern M102b und die Siebdrossel einen M102a. Dazu kommen noch zwei separate Heiztrafos, einer für die Heizung der 2 x PL83 in der Y-Endstufe und einer für die Heizung der Entladeröhre im Kippgerät, um dort eine zu hohe Katoden-/Fadenspannung zu vermeiden. Zusammen mit der 1,5 mm-Stahlblech-Konstruktion gibt das einiges an Gewicht. Der Netztrafo ist eine Sonderanfertigung der früheren Transformatorenfabrik Plathner aus Barsinghausen bei Hannover.
Das Schaltungskonzept ist natürlich nicht komplett neu erfunden worden, sondern orientiert sich an dem Standard der damaligen Zeit. Es scheint, dass der Selbstbauvorschlag FTO2 aus Czech, Der Elektronenstrahl-Oszillograf und das Philips-Gerät GM5653 Pate gestanden haben. Diese Vermutung liegt nahe, da die Unterlagen im Nachlass gefunden wurden. Es ist allerdings keine Kopie der genannten Geräte.
Einen Überblick gibt diese Abbildung, auch wenn Details in der kleinen Darstellung nicht lesbar sind:
Röhrenbestückung:
Y-Verstärker: 2 x EF42, 2 x PL83, STV150/20
Kippgerät und X-Verstärker: 3 x EF42, EL42, EL41
Netzteil: 2 x EZ80, RFG5
Bildröhre HR1/100/1,5 von AEG.
Auch der Frequenzgang des Y-Verstärkers ist dokumentiert:
Restaurierung
Natürlich wurden beim Bau des Gerätes die 1956 handelsüblichen Bauelemente verwandt. Bei den Kondensatoren waren das also die berüchtigten braunen WIMAS. Sollte die Funktionsfähigkeit des Gerätes nachgewiesen werden, mussten diese alle ausgewechselt werden und das waren nicht wenige. Hier macht sich der großzügige Aufbau durch gute Servicefreundlichkeit bezahlt (im Gegensatz zu manchem kommerziellen Gerät).
Nach dem Kondensatorenwechsel funktionierte das Gerät schon prinzipiell, es gab natürlich noch die üblichen Alterungserscheinungen wie z.B. festsitzende und verdreckte Potentiometer. Das größte Problem war aber eine fast dunkle Bildröhre HR1/100/1,5 von AEG. Nur bei abgedunkeltem Raum war auf dem Bildschirm etwas zu erahnen.
Da ich noch eine HR1/100/1,5 von Telefunken besitze, war ein Austausch sofort beschlossen. Die erste Überraschung waren die unterschiedlichen Sockel. Die AEG-Röhre hat einen 10-poligen Außenkontaktsockel. die TFK-Röhre einen 10-poligen Stahlröhrensockel. Mit 2 einfachen Aluprofilen und 2 Federn für schwimmenden Einbau war ein problemloser Umbau auf die Stahlröhrenfassung möglich, aber der Betrieb mit der TFK-Röhre überzeugte in keiner Weise. Mir scheint, dass die Daten beider Röhren doch stark unterschiedlich sind, nicht nur bei der Heizung (unterschiedliche Kaltwiderstände), sondern auch im Ablenkverhalten. Die Telefunkenröhre ist unempfindlicher und zeigte in dieser Schaltung eine sehr starke Trapezverzerrung. Es wurden beide Plattenpaare sowohl als X-Platten als auch als Y.Platten getestet. (Meistens werden die schirmnahen Platten als X-Platten betrieben).
Ein Versuch, die AEG-Röhre zu regenerieren, brachte keinen Erfolg. Da die zugehörige Heizwicklung nicht nur 4 V sondern auch 6,3 V zur Verfügung stellt, betreibe ich die AEG-Röhre jetzt mit 6,3 V statt mit 4 V. Die Helligkeit ist damit zumindest ausreichend um die Funktionsfähigkeit nachzuweisen. Da ich keinen Dauerbetrieb sondern nur Vorführbetrieb mache, müsste das machbar sein. Bei der Regenerierung wurde die Röhre jedenfalls mehr gequält. Mir ist jedoch klar, dass die Röhre irgendwann mit Heizfadenbruch endet.
Die Potentiometer für horizontale und vertikale Verschiebung mussten ausgebaut und intensiv gereinigt werden. Ein Potentiometer saß so fest, dass es sich noch nicht einmal mit einer Wasserpumpenzange drehen ließ. Dabei zeigte sich, dass bei den Drähten in dem sauber gebundenen langen Kabelbaum die Isolation brüchig geworden war und bei der geringsten Bewegung zerbröselte. Mangels Bindegarn (und Übung) habe ich neue Drähte in neutralfarbenen Isolierschlauch verlegt. Es ist zwar schade aber in den Bildern ist der Originalzustand dokumentiert.
Schlussbemerkung
Der Oszillograf muss früher häufig in Gebrauch gewesen sein, was die schwache Bildröhre zu bestätigen scheint. Er war damals 1956 möglicherweise der einzige Oszillograf in der noch jungen aufstrebenden Werkstatt. Da das Fertigungsdatum des Netztrafos der 05.08.1955 ist, die Zeichnungen das Datum 15.12.1956 tragen, muss sich das Projekt über mindestens 1,5 Jahre hingezogen haben. Der Erbauer musste ja nebenbei auch noch arbeiten. Der Probebetrieb hat im Wesentlichen die in der Beschreibung angegebenen technischen Daten bestätigt. Der einzige Makel, den mir meine früheren Dozenten angekreidet hätten, ist ein fehlendes Typenschild.
HDH
Hans-Dieter Haase † 5.2.18, 14.Feb.12